Initiative “Stolpersteine in Karben”
Presseberichte 2011
24. November 2011 (186) “Blickpunkt Karben” Vergrößern: Artikel anklicken 17. November 2011 (185) “Karbener Zeitung” Text: Artikel anklicken 12. November 2011 (184) “Wetterauer Zeitung” “So etwas darf nie wieder geschehen” Szenische Lesung zur Pogromnacht in der voll besetzten St. Michaelis Kirche Karben (aho). Zur szenischen Lesung im Gedenken an die Pogrome in Karben war die evangelisch-lutherisch St.-Michaelis-Kirche bis auf den letzten Platz gefüllt. Zu diesem Gedenken hatten die evangelische Kirchengemeinde Klein-Karben, der Deutsch-Ausländische Freundschaftskreis (DAF) und die Initiative »Stolpersteine« eingeladen. Bild oben: Jonas Lazar stellt die Opfer vor dem Altar pantomimisch dar. Bild unten: Erik-Lân-Dodinh liest, hinter ihm der Kirchenchor (Fotos: Hofmann) Pfarrer Werner Giesler erinnerte an die Pogrome vor 73 Jahren, als Geschäfte, Synagogen und Wohnungen verwüstet und geplündert wurden, als man Juden in »Schutzhaft« nahm und sie in Konzentrationslager verschleppte. »Aber solange sich Menschen engagieren, gibt es Hoffnung«, erklärte er. »Auch die vielen Gäste heute Abend zeigen: So etwas darf nie wieder geschehen.« »Genau um 19 Uhr, vor 73 Jahren, brannte das jüdische Gotteshaus in Groß- Karben«, erinnerte Hartmut Polzer von der Initiative Stolpersteine. »Die Feuerwehr kam, durfte aber auf Anweisung des Bürgermeisters nicht löschen. Polzer wies darauf hin, dass die szenische Lesung des Abends aus den Gerichtsakten und Vernehmungsprotokollen bestehe, die sich ausschließlich mit den Pogromen in Karben befassten. Diese Authentizität machte die Lesung umso beklemmender. »Menschen, die einst Nachbarn, ja Freunde, waren, wurden durch massive Hetze zu Feinden, wurden diffamiert, ausgegrenzt, enteignet und planmäßig umgebracht«, so Polzer. »Seit 1984 engagieren sich im DAF Deutsche und Nicht-Deutsche für ein gleichberechtigtes und verständnisvolles Zusammenleben in Karben«, sagte Gerhild Brüning für den DAF. Dass Diskriminierung und Ausgrenzung nicht verschwunden seien, zeige die Tatsache, dass »Ausländer klatschen« im Sprachgebrauch fast normal sei. Zudem müsse man den Umgang mit Flüchtlingen überdenken. Das Bewusstsein der Vergangenheit müsse bei der Gestaltung der Gegenwart Richtschnur und Verpflichtung sein, forderte sie. Die verschiedenen Szenen wurden von unterschiedlichen Stellen der Empore aus gelesen, sodass die Zuhörer akustisch »mitten im Geschehen« waren. Begleitet von Corinna Danzer (Saxofon) und Jonas Lohse (Kontrabass), die Jazz-Standards spielten, lasen Pfarrer Giesler und die Mitglieder der Theatergruppe der Klein-Karbener Kirchengemeinde Till Giesler, Sebastian Zinn, Christopher Meß, Erik-Lân-Dodinh und Corinna Koch. Als Pantomime der Opfer gab Jonas Lazar den Zuhörenden einen optischen Halt vor dem Altar. Zudem sang der Chor der Kirchengemeinde im ersten Teil der Lesung als Chor des »Frohsinn« Groß-Karben, den Max Strauss gegründet hatte. Und Strauss musste sich von einem Nazi- Schergen fragen lassen, wie Juden deutsche Lieder singen könnten. So die Anfänge. Die judenfeindlichen Äußerungen wurden immer lauter, steigerten sich über das Verbot, bei Juden zu kaufen, bis hin zur »Planung des spontanen Volkszorns«, am 10. November 1938 im Parteilokal der NSDAP in der Bahnhofstraße und zum Ausbruch der Pogrome. Die Lesung blieb aber nicht bei der lokalen Verfolgung, sondern beleuchtete die gelenkten politischen Hintergründe der Pogrome. Zudem wurden die Namen der Verschleppten und die Orte ihrer Ermordung verlesen. Danzer und Lohse spielten Jazz-Kompositionen von Kurt Weill/Hanns Eisler, Irving Berlin und Borislav Kaper, jüdische Komponisten, die im Fall von Weill/Eisler und Kaper vor den Nazis fliehen mussten. »Sie alle haben Jazz-Standards geschrieben«, erklärte Danzer die Wahl der Musik. (“Wetterauer Zeitung” vom 12.11.11) http://www.wetterauer-zeitung.de/Home/Kreis/Staedte-und-Gemeinden/Karben/Artikel,-Szenische-Lesung-zur-Pogromnacht-beeindruckt- _arid,300226_regid,3_puid,1_pageid,85.html 12. November 2011 (183) “Frankfurter Neue Presse” Erinnerungen an das Leid Mit szenischer Lesung: Karbener gedenken des Judenpogroms von 1938 Zum Gedenken an das Pogrom vom 10. November 1938 in Karben gegen Juden hatten evangelische Kirche Klein-Karben, Initiative Stolpersteine und der Deutsch-Ausländische- Freundschaftskreis (DAF) eingeladen. Bild: Jonas Lazar verharrt als mimischer Darsteller ohne Worte und symbolisiert das Entsetzen (Foto: Susanne Krejcik) Von Susanne Krejcik "Heute vor 73 Jahren um diese Uhrzeit brannte die Synagoge in Groß- Karben. Die Feuerwehr kam, durfte aber auf Anweisung des damaligen Bürgermeisters nicht löschen", sagte Hartmut Polzer von der Initiative Stolpersteine zu etwa 100 Gästen in der Sankt Michaelis-Kirche. Die Menschen saßen bei gedämpften Licht auf den Kirchenbänken und hörten zu. Es wurde jener jüdischen Kärber gedacht, mit denen man Tür an Tür lebte. Ihre Namen und Schicksale wurden in einer szenischen Lesung in Ansätzen lebendig. Mitglieder der kirchlichen Theatergruppe lasen Passagen vor, lieferten Dialoge und den Zuhörern historische Hintergründe; Regie führte Pfarrer Werner Giesler. Basis waren Vernehmungsunterlagen, Protokolle von Gerichtsverhandlungen sowie Erinnerungen von Zeitzeugen. Die Theatergruppe zeichnete in Auszügen den Weg nach, den der Mob aus SA-Männern, Parteimitgliedern und Schaulustigen am 10. November 1938 nahm. "Alle männlichen Juden festgenommen – ging nicht ohne Schläge – und ins Degenfeldsche Schloss zur eigenen Sicherheit verbracht. Schutzhaft. Anschließend mit Bürgermeister Flach zum Hugo Junker in der Bahnhofstraße 34. Laden und Wohnung demoliert. Fensterläden abgerissen, Lebensmittel auf die Straße geworfen. Dann zum Haus Ross, Bahnhofstraße 24. Nähmaschine durchs Fenster geworfen. Gab einen mords Radau. In der Wilhelmstraße beim Max Strauss gab‘s Schuhkauf umsonst. Am Abend dem Seppel Junker den Viehstall und die Scheune angesteckt. Und zur Krönung die Synagoge geplündert und ein feines Feuerchen gemacht". Zwischen einzelnen Szenen musizierten Corinna Danzer und Jonas Lohse an Saxofon und Kontrabass. Indes blieb Jonas Lazar als mimischer Darsteller ohne Worte. In gebückter Haltung harrte er still aus vor Jesus am Kreuz. Er verkörperte das Leiden der Juden. "Ich habe im Ersten Weltkrieg vieles erlebt. Aber hier, unter einem Kulturvolk des 20. Jahrhunderts, war der Boden getränkt mit Blut." Dies gab einer jener Kärber Juden zu Protokoll, die nach dem Pogrom für einige Wochen im Konzentrationslager Buchenwald interniert worden waren. Abschließend las die Theatergruppe 45 Namen deportierter Kärber Juden vor. (“Frankfurter Neue Presse” 12.11.11) http://www.fnp.de/fnp/region/lokales/wetterau/erinnerungen-an-das-leid_rmn01.c.9358918.de.html 12. November 2011 (182) “Frankfurter Rundschau” 8. November 2011 (181) “Frankfurter Neue Presse” Das einzige Foto von den Überresten der alten Groß-Karbener Synagoge in der Heldenberger Straße, Ecke Westliche Ringstraße: Edgar Braun aus Groß-Karben, damals Fotograf der US- Militärregierung, machte die Aufnahme der Ruine Ende Mai 1945. Repro: Initiative Stolpersteine in Karben Als Karbens Synagoge brannte Bei Pogrom von 1938 wurden Nachbarn zu Gewalttätern – jüdische Männer deportiert – Schwerpunkt Groß-Karben Es geschah nicht nur in den großen Städten, nein, genauso auf dem Land: Wie überall in Deutschland brannte vor 73 Jahren auch in Karben die Synagoge. Es waren ganz normale Karbener, die nun ihre jüdischen Nachbarn drangsalierten und die meisten in den Tod trieben. Von Dennis Pfeiffer-Goldmann Erinnern und mahnen will sie. Aber mit dem Finger auf Menschen oder Familien zu zeigen, hat die Initiative "Stolpersteine in Karben" nicht im Sinn. Hartmut Polzer unterstreicht das jedes Mal. Vielleicht ist das der Schlüssel zum großen Rückhalt, den die Initiative in Karben hat. Dabei waren es ganz normale Nachbarn, die in der Reichspogromnacht – in Karben am darauf folgenden 10. November 1938 – Juden angriffen oder die Angriffe geschehen ließen. "Der Novemberpogrom war der entscheidende Schritt auf dem Wege zum Holocaust", schrieb die Initiative vor drei Jahren in einer großen Ausstellung. In ihren jahrelangen Forschungen haben Irma Mattner und Hartmut Polzer mit "einer Legende" aufgeräumt: Dass die Übergriffe des 10. November in Karben "von Auswärtigen" getragen worden seien. Die Aussagen aus Vernehmungsprotokollen sowie während des folgenden Prozesses wegen Landfriedensbruchs vor der Strafkammer I des Landgerichts Gießen am 22. Januar 1949 bringen Licht ins Dunkel. So hatte der damalige Bürgermeister gegen 14 Uhr die Anweisung vom Landratsamt Friedberg erhalten, alle erwachsenen jüdischen Männer in "Schutzhaft" zu nehmen. Sie wurden ins Degenfeldsche Schloss eingesperrt. Anschließend drangen knapp ein Dutzend SA-Männer und Parteimitglieder ins Haus von Familie Hugo Junker in der Bahnhofstraße 34 ein. "Wir demolierten den Laden und die Wohnung", berichtet einer der Täter. Fensterläden wurden abgerissen, Lebensmittel, Wäsche, Möbel auf die Straße geworfen. Danach zog die wachsende Menge von Angreifern und Schaulustigen die Bahnhofstraße hinauf zu den Häusern der anderen jüdischen Familien. "Hier randalierte die Horde in gleicher Weise, Einrichtungsgegenstände und sonstiges Eigentum wurden zerstört", sagt Hartmut Polzer. "Bei Max Strauss flogen Schuhe auf die Straße, jeder hat sich davon genommen", erinnert sich ein Zeuge vor Gericht vom Angriff auf das Schuhhaus. Im Keller von Frau Rosenthal schlug ein Angreifer ihr mit einem Stück Möbel auf den Kopf, "so dass sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen musste". Männer deportiert Den Höhepunkt erreichten die Übergriffe in Groß-Karben, als der Mob am frühen Abend die Synagoge in der Heldenberger Straße in Brand steckte. Auch die daneben stehende Viehscheune der Familie Junker ging dabei in Flammen auf. Der Bürgermeister, Ortsgruppenleiter der NSDAP, habe die Feuerwehr aufgefordert, nicht zu löschen, berichtet Historiker Helmut Heide. Die im Degenfeldschen Schloss eingesperrten Männer wurden am 12. November 1938 ins Konzentrationslager Buchenwald gebracht. Wochenlang seien sie dort misshandelt worden, berichtet Hartmut Polzer. "Entlassen wurden sie nur, wenn sie erklärten, mit der Familie Deutschland umgehend zu verlassen und absolutes Stillschweigen über die Zeit im KZ zu wahren." Das Karbener Zentrum der Judenverfolgung sei damals in Groß-Karben gewesen, weil dort die meisten Juden wohnten, berichtet Hartmut Polzer. "In Klein-Karben gab es da schon seit vielen Jahren keine Juden mehr, weil der Ort so arm war." Was bloß bedeute, dass der Ort "einfach Glück gehabt" habe, findet Pfarrer Werner Giesler. Zivilcourage in Roggau Auch in Petterweil lebten keine Juden. Stattdessen gab es an diesem Abend Freibier im Parteilokal. In Okarben, das in der südlichen Wetterau für seinen SA-Sturm berüchtigt gewesen sei, waren die letzten Juden schon 1936 / 37 verjagt worden. Einen Übergriff gab es auch in Rendel: Auf die Familie des weithin bekannten Metzgermeisters Max Grünebaum im Gronauer Weg 4. Dass sich manche Karbener sehr wohl gegen Angriffe wehrten, habe sich in Burg-Gräfenrode gezeigt, erklärt Hartmut Polzer. "Dort stellte sich die Bevölkerung schützend vor ihre Nachbarn", allen voran Bauer Moscherosch. Als SA-Leute aus Friedberg im Ort eintrafen, habe er sie wieder weggeschickt und gesagt, das man sich selbst darum kümmere. "Das zeigt, was Zivilcourage leisten kann", findet Werner Giesler. Doch half das den Burg-Gräfenröder Juden nur vorübergehend. Auch sie wurden verjagt, deportiert und ermordet. Nur drei Mädchen und zwei Frauen aus Karben überlebten den Holocaust. "Das jahrhundertealte traditionsreiche jüdische Leben in Groß Karben", sagt Historiker Helmut Heide, "war damit gewaltsam erloschen." (“Frankfurter Neue Presse” vom 8.11.11) 3. November 2011 (180) “Karbener Zeitung” Text: Artikel anklicken 02. November 2011 (179) “Wetterauer Wochenbote” 28.Oktober 2011 (178) “Frankfurter Rundschau” 27. Oktober 2011 (177) “Wetterauer Zeitung” Szenische Lesung als Pogromgedenken In der St.-Michaelis-Gemeinde sind die Proben im Gange – Jazzduo begleitet die Theatergruppe Karben (aho). Die Plakate sind noch nichtalle gedruckt und müssen noch ausgehängt werden. Aber die Proben der Lesung sind bereits in vollem Gange. Das berichteten die Veranstalter des 20. Gedenkens an die Pogrome von 1938 in Groß-Karben, das am 10. November mit einer szenischen Lesung in der St.-Michaelis-Kirche stattfinden wird. Für die Veranstalter stellten PfarrerWerner Giesler von der evangelische Kirchengemeinde Klein-Karben, Gerhild Brüning vom Deutsch-Ausländischen Freundschaftskreis-Karben (DAF) und Hartmut Polzer von der Initiative »Stolpersteine in Karben« das Programm dieses Abends vor. Lesen wird die Theatergruppe der Kirchengemeinde, an diesem Mittwochmorgen vertreten von Erik-Lân DoDinh, und musikalisch begleitet von der Jazzsaxofonistin Corinna Danzer, die mit dem Kontrabassisten Jonas Lohse die musikalische Begleitung übernommen hat. »Jazz galt in diesen Jahren als entartete Kunst, und einige Standards wurden von jüdischen Musikern komponiert«, sagte Danzer. Die Szenen sind dramaturgischgestaltete Begebenheiten aus der Gemeinde, wie sie sich damals in Karben zutrugen. Diese gehen aus verschiedenen Dokumenten hervor, die die Initiative »Stolpersteine« gesammelt hat. Grundlage der Aufführung sind Vernehmungsunterlagen und das Protokoll der Verhandlung am 22. Januar 1949 beim Landgericht in Gießen. Auch Aussagen von Häftlingen, die ins KZ Buchenwald verschleppt wurden, fließen in Text und Spiel ein. Sprecher und Darsteller sind Mitglieder der Schauspielgruppe um Pfarrer Werner Giesler, aus dessen Feder auch der Text stammt. »Es wird nicht nur vor dem Publikum gespielt, sondern im gesamten Kirchenschiff«, erklärte Polzer. »Welche Notwendigkeit hat das Gedenken? Warum machen wir das noch heute, 70 Jahre danach?« Giesler, der auch Regie führt, verweist auf die damaligen Voraussetzungen: den Staatsbankrott, der viele dazu veranlasste, sich Sündenböcke (»die Juden«) zu suchen. Auch heute zeichne sich eine Wirtschafts- und Finanzkrise ab: »Wir hoffen, dass daraus kein neuer Rassismus entsteht.« »Viele Firmen damals wurden von enteigneten Juden übernommen, erinnerte er beispielsweise an Neckermann. Und Brüning fügte hinzu: »Als wir das 50-jährige Gedenken an die Pogromnacht hatten, gab es auch viele 50-jährige Firmenjubiläen.« Der DAF wird den Bogen von damals zu heute spannen. Die Pogrome fanden in Groß-Karben und in Rendel statt, weil es dort noch Juden gab, während diese längst aus den anderen der heutigen Stadtteile vertrieben und geflohen waren. Andere galten seinerzeit als »NSdAP-Hochburg«, und in Okarben habe es noch Jahre nach dem Krieg SSKameradschaftsabende gegeben, erinnerte sich Giesler. »Dabei hatte der Ort eine starke Linke.« Aber weder in der Pressekonferenz noch in der Lesung gehe es um Anschuldigung oder die Erzeugung von schlechtem Gewissen, sondern um Erinnern, Gedenken und Mahnen, so der Pfarrer. Denn die jungen Menschen von heute müssten immer wieder vor Augen geführt bekommen, was sie verhindern sollen. »Es gibt noch NPD-Mitglieder in Karben, und sie werden gewählt«, zählte Giesler auf. »Das Aktionsbündnis ist breit, und viele haben Interesse daran«, sagte Polzer. Als Beispiel nannte er das Plakat, das nun in Druck gehen wird: »Das hat Schülerin Henrike Heuer von der Kurt-Schumacher-Schule entworfen.« Die szenische Lesung wird am Donnerstag, 10. November, um 19.30 Uhr in der St.-Michaelis-Kirche in Klein-Karben stattfinden. (”Wetterauer Zeitung” vom 27.10) 27. Oktober 2011 (176) “Frankfurter Neue Presse” Text >hier anklicken Die Erinnerung wachhalten Klein-Karbens Kirche, DAF und Stolperstein-Initiative gestalten Lesung zu Judenverfolgung Wenn sich das Judenpogrom im November jährt, sollen sich die Karbener an die schrecklichen Geschehnisse von vor 73 Jahren erinnern: In einer szenischen Lesung werden diese nacherzählt. Das soll unter die Haut gehen – und mahnen. Von Dennis Pfeiffer-Goldmann Karben. Eine szenische Lesung, die unter die Haut geht (von rechts): Erik-Lân Do Dinh, Corinna Danzer, Werner Giesler, Hartmut Polzer und Gerhild Brüning proben für die Veranstaltung in der Kirche. Foto: Dennis Pfeiffer-GoldmannEine szenische Lesung, die unter die Haut geht (von rechts): Erik-Lân Do Dinh, Corinna Danzer, Werner Giesler, Hartmut Polzer und Gerhild Brüning proben für die Veranstaltung in der Kirche. Foto: Dennis Pfeiffer-GoldmannEine szenische Lesung, die unter die Haut geht (von rechts): Erik-Lân Do Dinh, Corinna Danzer, Werner Giesler, Hartmut Polzer und Gerhild Brüning proben für die Veranstaltung in der Kirche. Foto: Dennis Pfeiffer-Goldmann Warum immer wieder dieses Thema, warum immer wieder Pogrom und Judenverfolgung ansprechen? Weil es, findet Klein-Karbens Pfarrer Werner Giesler, hochaktuell ist. Damals, in den späten 1930er-Jahren, habe Deutschland Geld gebraucht und kurz vor dem Staatsbankrott gestanden. "Das holte man sich von den Juden." In den Debatten über die Euro-Rettung heute schwinge im Unterton wieder Rassismus latent mit, warnt Giesler: "Da wird erneut Volksgruppen vorgeworfen, schuldig zu sein, und es wird gefragt: Warum müssen wir dafür zahlen?" Was wirklich geschah Deshalb, findet der Pfarrer, müsse auch heute an die Geschehnisse am 9. und 10. November 1938 erinnern werden. Die Kirche macht das seit Jahren, hat in diesem Jahr den Deutsch-Ausländischen Freundschaftskreis (DAF) und die Initiative "Stolpersteine in Karben" als Co- Veranstalter hinzugewonnen. "Wir wollen nicht auf Menschen zeigen", sagt Hartmut Polzer von der Initiative, der die Schicksale der Karbener Juden seit Jahren erforscht. "Wir wollen erinnern und gedenken." Das geschieht konkret: Basis sind Vernehmungsunterlagen und das Protokoll der Verhandlung über das Karbener Pogrom im Januar 1949 am Landgericht Gießen. Fünf Mitglieder der Theatergruppe der Gemeinde Sankt Michaelis werden den Verlauf der Geschehnisse vortragen, ein Darsteller sie pantomimisch andeuten. "Es zeigt auf, dass die Verbrechen nicht von Monstern, sondern von Menschen begangen wurden", sagt Schauspieler und Student Erik-Lân Do Dinh (25). "Dieses Potential ist in den Menschen und wir müssen aufpassen, dass wir es nicht rauslassen." Corinna Danzer am Saxophon und Jonas Lohse am Kontrabass spielen dazu Jazz – der unter den Nazis als entartet galt und stark von Juden geprägt wurde. Übergriffe in Groß-Karben Die Texte der Schauspieler seien teils wörtlich aus den Gerichtsakten übernommen worden. "Was vorgetragen wird, ist so geschehen", erklärt Polzer. "Das räumt auch mit der Legende auf, das alles sei von Auswärtigen gemacht worden." Menschen aus allen Stadtteilen hätten sich an den Übergriffen beteiligt. Schwerpunkt der Übergriffe war Groß-Karben, wo die meisten Karbener Juden wohnten. Geschäfte und Häuser wurden geplündert und verwüstet, die Synagoge ausgeraubt und angezündet, eine Scheune brannte. Der SA-Sturm aus Okarben nahm die jüdischen Männer fest und ließ sie deportieren. Einen Übergriff gab es auch in Rendel gegeben. In Klein-Karben und Petterweil wohnten keine Juden mehr, weil die Orte so arm waren. Aus Okarben waren die Juden bereits 1936/37 verjagt worden. Der Stadtteil sei eine NS-Hochburg gewesen, berichtet Pfarrer Giesler. In Burg-Gräfenrode habe sich die Bevölkerung schützend vor ihre jüdischen Nachbarn gestellt, berichtet Polzer. "Das zeigt, was Zivilcourage leisten kann", so Giesler. Doch auch dort wurden die Juden letztlich verjagt, die meisten getötet. Nur fünf der Karbener Juden überlebten den Holocaust: Drei Kinder, weil sie rechtzeitig genug flüchten konnten, und zwei Frauen, die gerade noch rechtzeitig im KZ Theresienstadt befreit wurden. Als in der Probe die Namen der 44 Karbener Opfer des Holocaust verlesen werden, läuft es Gerhild Brüning kalt den Rücken hinunter. "Das geht schon unter die Haut." "Pogromgedenken – Szenische Lesung" am 10. November ab 19.30 Uhr in der Kirche Sankt Michaelis in Klein-Karben. (“Frankfurter Neue Presse” vom 27.10.11) 17. Oktober 2011 (175) “Das Stadtmagazin - aktuell”: -Der Pogrom in Karben- 16. Juni 2011 (174) "Das Stadtmagazin - aktuell": -Film über Klärchen- 01. Juni 2011 (173) "Karbener Zeitung" Text: >hier 28. Mai 2011 (172) "Wetterauer Wochenpost": -Was damals geschah, soll nie wieder passieren- 27. Mai 2011 (171) "Frankfurter Neue Presse" 27. Mai 2011 (170) "Wetterauer Zeitung" (Text: Artikel anklicken) >>>>>>>>>>>>>>>>> 23. Mai 2011 (169) "Frankfurter Neue Presse" . (Text: Artikel anklicken) >>>>> 19. Mai 2011 (168) "Blickpunkt Karben": “Klärchen” aus USA besucht Karben 19. Mai 2011 (167) "Karbener Zeitung" Text: >hier 13.Mai 2011 (166) "Wetterauer Zeitung": Klärchen Kirschberg besucht ihre alte Heimat 11. Mai 2011 (165) "Wetterauer Wochenbote": Film mit Podiumsgespräch 10. Mai 2011 (164) "Bad Vilbel Online" „Klärchen" besucht Karben (weiterer Text >hier) 07. Mai 2011 (163) "Frankfurter Rundschau" 17. März 2011 (162) "Karbener Zeitung" Text: >hier 16. März 2011 (161) "Wetterauer Zeitung" 15. März 2011 (160) "Frankfurter Neue Presse": -Putzen gegen das Vergessen- 03. Jan. 2011 (159) "Frankfurter Neue Presse" -Senioren schauen "Klärchen"-
Für die umfangreiche Berichterstattung bedanken wir uns bei: Blickpunkt Karben, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurter Neue Presse, Frankfurter Rundschau, Karbener Zeitung, Rhein-Main-News, Das Stadtmagazin, Wetterauer Wochenboten, Wetterauer Wochenpost, Wetterauer Zeitung